L’auteur
Israël Friedlander (ou Friedlaender), (6 Septembre 1876 - 5 Juillet 1920) était un rabbin, un enseignant et un bibliste. Il est né à Kovel (Ukraine). Il fut étudiant à l’Université de Berlin et de Strasbourg, où en 1901 il a obtenu son doctorat. Il devint Rabbi au séminaire de Hildesheimer à Berlin.
Arabisant, il a été professeur à New-York de littérature biblique au Séminaire théologique juif d’Amérique où il enseigna la Bible, la philosophie et l’histoire.
Préface (sans les notes de bas de pages)
„Cliadliir ist die Erde; er ist das Meer; er ist der Himmel.
Ja, er ist noch vieles andere daneben. Chadhir ist ein wahr-
liafter Proteus. Er nimmt alle moglichen Formen an oder, rich-
tiger gesagt, er gleicht einem GefaBe, in welcliem die Volkssage
die mythologischen Uberreste jedweder Herkunft abgelagert
hat ... Es ware von hohem Interesse, die Sagengeschichte
dieser Figur, in der sich wie in einem plumpen Mikrokosmos
die syrische Sagenwelt voll und ganz abspiegelt, auf Grund
der arabischen Elemente, in ihrer Gesamtheit zu rekon-
struieren . . . Allein es ware ein miifiiges Unternehmen , woUte
man versuchen, zwischen den disparaten, ja widerspruchsvoUen
Bestandteilen, aus denen sich jene Figur zusammensetzt, tJber-
gange herzustellen, die niemala existiert haben Die einzig.
berechtigte Methode miifite darin bestehen, die Fragmente, die
jene Sagengestalt bilden, voneinauder loszulosenund sie versuchs-
weise nach ihrer verschiedenartigen Herkunft zu gruppieren."
In diesen bereits im Jahre 1877 geauBerten Siitzen Cler-
mont-Ganneaus^ sind zugleich die unbegrenzten Dimensionen
des Chadhirproblems und die scharf begrenzten Linien, innerhalb
deren die Behandlung desselben sich bewegen mu6, treffend gekennzeichnet. Chadhir ist niclit nur eine der wichtigsten Ge-
stalten der muliammedanischen Legende. Er ist auch die wich-
tigste, wenn nicht die einzige, Figur der muhammedanischen
Mythologie.^ Der Gottesbegriff des Islams, der, wie jeder kon-
sequente Monotheismus, alle Mythologie ausschlieBt, hat die
Durchbildung der Chadhirvorstellung zu einer system atisch en
Chadhirreligion vereitelt.^ Allein gerade dieser starre Mono-
theismus, der den Menschen als den Sklaven des unumschrank-
ten Weltenmeisters auffafit^ und jegliche Vertraulichkeit und
Annaherung ausschliefit, war es anderseits, der ein Mittelwesen
zwischen dem unnahbaren himmlischen Herrn und dem hilfs-
bediirftigen armseligen Erdenbewohner notwendig machte, und
der Chadhir, trotz des heftigen Widerspruches der groBten isla-
mischen Autoritaten, die ihn lediglich als Heiligen oder Pro-
pheten gelten lassen mochten^, zum ewiglebenden allgegenwar-
tigen Schutzgenius der muhammedanischen Gemeinde beforderte,
ja ihn im formlosen Volksglauben der unwissenden Menge ge-
radezu zu einem Gotte werden lieB.^ Diese Bedeutung Chadhirs
als muhammedanischer Heiligermnd als die Verkorperung mytho-
logischer Vorstellungen macht es erklarlich, da6 die Chadhir-
sage nicht nur zu alien moglichen Gestalten der jiidischen und
christlichen Legende in Beziehung trat, sondern auch mit den
alten mythologischen Vorstellungen mannigfaltigster Herkunft,
die in den vom Islam uuterworfenen Landern in der Volksmasse
weiterlebten, direkt in Verbindung gebracht wurde. Das Chadhir-
problem reicht somit genau so weit wie die Geistesgeschichte
des Islams; seine Beziehungsmogliclikeiten lassen sich ebenso-
wenig begrenzen, wie die des Islams selber. Anderseits ist es
gerade diese Unbegrenztheit des Problems, die eine Begrenzung
in der Behandlung desselben zur unabweisbaren Forderuno-
macht. Die Erfolglosigkeit der friiheren Losungsversuche ist
zu einem groBen Teile auf die Tatsache zuriickzufiihren, daB
sie das Chadbirproblem als Ganzes anfaBten. Diese Behand-
lungsweise muBte naturgemaB, weil eine zureichende Kenntnis
samtlicher in Betracht kommender Ideenkreise kaum einem
Sterblichen gegeben ist, zu farblosen, allgemein gebaltenen
Gegeniiberstellungen fiibren, die insbesondere auf dem Gebiete
der Volkssage, in der nur das scharf umgrenzte farbige Detail
entscheidet, ohne Beweiskraft und Bedeutung sind. „Die einzig
berechtigte Methode miiBte darin besteben, die Fragmente, die
jene Sagengestalt bilden, voneinander loszulosen und sie ver-
sucbsweise nacb ibrer verscbiedenartigen Herkunft zu grup-
pieren."
Ein Versucb in dieser Richtung will die folgende Studie
sein, die sich auf einen bestimmten Teil der Gesamtaufgabe
bescbrankt und die Beziebungen zwiscben der Chadbirlegende
und dem Alexanderroman zum Gegenstand hat. Auf diese
Beziebungen weisen die muhammedaniscben Gelebrten selber
bin.^ Ibr Wink ist jedocb unbeacbtet geblieben. Noldeke wies
gelegentlieb — denn es gehorte nur indirekt zu seinem Tbema —
auf diesen Zusammenbang in seinen epocbemacbenden Beitrdgen
zur Geschichte des Alexanderromans bin.^ Sein Hinweis wurde
mebrfacb zitiert, aber nicht weiter verfolgt. Aucb Verfasser
straubte sich lange dagegen, das uferlose Gebiet des Alexander-
romans zu betreten. Von der von Rohde^ verfochtenen An-
schauung ausgehend, daB samtliche orientalische Gestalten des
Alexanderromans und somit auch die Lebensquellepisode aus
dem griechischen Pseudokallisthenes stammen, begniigte ich
micli anfangs damit, die griechische Form der Lebensquellsage,
die icb nur aus zweiter Hand kannte, mit den muhammedani-
schen Daten fliichtig zu vergleichen und meine Schliisse darans
zu Ziehen. Diese Methode stellte sich jedocb beim weiteren
Studium des arabiscben Chadbirmaterials als unzulanglich beraus.
Bestimmte Ziige der arabiscben Sage legten die Vermutung nabe,
dafi die letztere durcbaus nicbt voni griecbiscben Roman in der
uns vorliegenden Gestalt berstammt, ja in mancben Punkten
diesem gegeniiber urspriinglicber ist. Die Untersucbung der
anderen orientaliscben Formen der Sage ergab ein abnlicbes
Resultat und bewies, da6 das Verbaltnis zwiscben diesen und
dem griecbiscben Roman ein viel komplizierteres ist als bisber
angenommen wurde. ’Diese Erkenntnis notigte micb, trotz
alien Widerstrebens, dem griecbiscben Pseudokallisthenes, ins-
besondere dem Olympiasbrief, dessen Komposition, wie bekannt,
noch verwickelter ist als die der iibrigen Telle des Romans,
naberzutreten. Das Resultat dieser Untersucbung liegt im
ersten Abschnitt dieser Arbeit vor. Es lag mir nichts fernei-,
als einen Beitrag zur klassiscben Pbilologie, die voUig abseits
Yon meinem Studiengebiet liegt, liefern zu wollen. Es kam
mir lediglicb darauf an, an der Hand des griecbiscben
Alexanderromans in seinen verschiedenen, nacb meiner Ansicht,
nicbt geniigend gewiirdigten Varianten die Form der Sage zu
rekonstruieren, aus der die Cbadbirvorstellung floB. Zu dem-
selben Zwecke wurde die talmudiscbe und die syriscbe Version
der Lebensquellsage des genauern untersucbt. Es mag auf
den ersten Blick scbeinen, als ob die detaillierte Bebandlimg
des griecbiscben Pseudokallisthenes und der anderen orien-talischen Versionen in keinem richtigen Verhaltnis zum eigent-
lichen Gegenstand dieses Buches stehe. Es wird sich jedoch
im Verlaufe dieser Abhandlung’, namentlich im zweiten Teile,
in dem die zusammenhiingenden Chadliirversionen zur Darstel-
lung gelangen, herausstellen, daB nichts in den Rahmen der
Betrachtung gezogen wurde, was nicht von direktem oder in-
direktem EinfluB auf die Chadhirsage war.
Bei dem engen, ja unzerreifibaren Zusammenliang zwisehen
der Chadhirlegende und dem Alexanderroman war es unvermeid-
licli, die Entwicklung des letzteren bei den Mubammedanern
in den Kreis unserer Betracbtung zu zieben. Eine systema-
tiscbe Bebandlung des arabiscben Alexanderromans wird man
in diesem Bucbe nicbt finden. Sie lag weder im Rabmen des-
selben, nocb ist, bei dem Mangel an den notigen Vorarbeiten,
fiir eine solcbe Bebandlung die Zeit gekommen.
Bei der Bearbeitung des in der mubammedaniscben Tradition
oder dem sogenannten Haditb niedergelegten Sagenstoffes stieB
icb auf Scbwierigkeiten, von deren komplizierter Natur sicli
der Nicbtfacbmann kaum eine adaquate Vorstellung macben
kann. Das Material, bei dessen Sammlung und Anordnung alle
moglicben Gesicbtspunkte, mit Ausnabme des bistoriscben, — des
einzigen Gesicbtspunktes, der uns bier interessiert, — obgewaltet
baben, macbte anfangs jeglicben Versuch einer Gliederung und
gescbicbtlicben Verwertung zunicbte. Sollte es mir dennocli
einigermaBen gelungen sein, den cbaotiscben Stoff systematiscb
geordnet und in einen sagengescbicbtlicben Zusammenbang ein-
gereibt zu baben, so braucbe icb den Kennern nicbt zu sagen,
dafi dies nur durcb die Anwendung der von Goldziber ein-
gefiibrten und mit unnacbabmlicber Meisterscbaft gebandbabten
Metbode der Hadltbbebandlung mogiicb war.
Im zweiten Telle dieser Abbandlung war es mir vergonnt,
aus den reicben Handscbriftenscbatzen des Britisb Museum
neues und, wie icb glaube, wertvolles Material zur Gescbicbte
der Cbadbirlecrende zu beben. Auf YoUstandigkeit wollen die
in diesem Teile reproduzierten Chadhirversionen oder, wenn
man will, Chadhirromane in keiner Weise Anspruch erhebeu.
Bei der nngeheuren Ausdehuung des Materials wird dessen
Siclitung und Bearbeitung wohl noch auf viele Jahre binaus
die Wissenschaft bescbaftigen. Doch boffe icb, da6 es mir ge-
lungen ist, wenigstens die typiscben Gestalten der Chadbir-
legende vorzufiibren und die Ricbtungslinien anzudeuten, inner-
halb deren die kiinftige Forscbung auf diesem Spezialgebiet
sich bewegen mu6, wenn sie sicli nicht ins Uferlose verlieren
will.
Die Arbeit, die einen wesentlicli mubammedanischen Legen-
denstoflf bebandelt, wendet sicb trotzdem iiiclit bloB an den Islam-
forscher und Semitisten, sondern will zugleich dem Religions-
historiker und Mythologen dienlich sein. Mit Riicksiclit auf diesen
Zweck der Arbeit liabe icli mich iiberall bemiibt, auch dem
Nichtsemitisten verstaudlicb zu sein. Beim Cbarakter des Gegen-
standes war ein Eingeben auf Details nicht zu vermeiden nocli
lieB sicb, oline dem Fortgang der Untersucliuiig Abbruch zu
tun, alles facbmannische Beiwerk beiseite schieben. Doch ist
auch bier durch die Ubersetzung und Erlauterung der orienta-
lischen Texte der Nichtfachmann in den Stand gesetzt. dem
Laufe der Untersuchung zu folgen.
Mit Riicksicht auf diesen Charakter des Buches babe ich
mich auch bei der Transkription semitischer Namen und Wor-
ter von jener Pedanterie fernzuhalten gesucht, die gerade jetzt in
orientalistischen Kreisen vielfach beliebt ist. Namentlich babe
ich Wert darauf gelegt, daB der Text, zum Unterschied von
den FuBnoten, von diesen sinnverwirrenden Finessen frei bleibt.
Ich bedaure jetzt, daB ich in dieser Beziebung nicht weit genug
gegangen bin und die semitiscben Laute nicht systematischer
dem deutschen Alphabet angepaBt babe. DaB sich hierbei viele
Inkonsequenzen ergaben, weiB ich nur allzuwohl. Allein der
Nichtsemitist wird sie kaum bemerken, wahrend der Fachmann
sich hoffentlich liber sie hinwessetzen wird.
An dieser Stelle mochte ich auch die Griinde angeben, die
inich veranlafit haben, die Namensform Chidher, die durch das
bekannte Riickertsclie Gedicht und nunmehr durch den Aufsatz
von Vollers (Archiv fiir Religionswissenschaft XII 234ff.)
gewissermaBen das Biirgerrecht erlangt hat, durch die fremd-
artiger anmutende Form Chadhir zu ersetzen. Beide Formen
werden von den arabischen Lexikographen fiir zulassig erklart.
Chadhir ist ohne Zweifel die urspriingliche Form, wahrend
Chidhr (Chidher) eine populare Verkiirzung derselben ist.’ In
sorfaltigen Texteditionen wird die eine wie die andere Aus-
sprache angegeben. Beide Formen lassen sich im Metrum be-
legen^ und werden auch in den Transkriptionen der anderen
Sprachen^ reflektiert. Philologisch betrachtet ist Chadhir ein
Adjektiv in der Bedeutung „Grun", mit dem Artikel (al- Chadhir)
„der Griine." Chidhr dagegen hat die Form eines No mens
und diirfte eher „Grunes, Griin" bedeuten. Man wird unten
sehen, dafi der Schliissel zur Identifikation unseres Sagenhelden
in dessen Bezeichnung als „der Griine" liegt. Wenn ich mich
daher der weniger popularen Namensform Chadhir bediene, so
tue ich es nicht aus puristischen Motiven, die hier schlecht am
Platze w’aren, sondern aus dem Bestreben heraus, den XJrsprung
der Chadhirgestalt aus der urspriinglichen Namensform hervor-
treten zu lassen.
Das dem Buche vorausgeschickte Verzeiclmis der benutzten
Druckwerke und Handschriften will nicht nur die Identifikation
der in dieser Arbeit gebrauchten Titelverkiirzungen ermoglichen,
sondern zugleich demjenigen, der sicb in die Cliadhirliteratur
vertiefen Avill, als bibliograpbiscbes Hilfsmittel dienen. Ich
fiirchte, da6 ich aucli in dieser Beziehung inkonsequent ver-
fabren bin und da6 icb namentlich in der Anfiibrung von
Biicbertiteln mir allerlei Unebeubeiten babe zuscbulden kommen
lassen. Insbesondere bedaure icb, daB icb Noldekes „Beitrage
zur Gescbicbte des Alexanderromans", die fast auf jeder Seite
zitiert werden, mit einer unzulassigen Abkiirzung, die mir erst
nacb der Drucklegung zu BewuBtsein gekommen ist, fortwiibrend
als „Beitrage zum Alexanderroman" anfiibre.
Ein Wort iiber die das Bucb begleitenden Indices. Index A
ist aus meinen eigenen Erfabrimgen mit dem bier bebaudelten
Stoffe bervorgesfangen. Die auBerordentiicbe Zerstreutbeit des
Materials und die sinnverwirrende Fiille der Rezensionen, die
ofters gerade in Kleinigkeiten ibre Wicbtigkeit verraten, macben
es ungemein scbwierig, einen tJberblick iiber das Ganze zu ge-
winnen. Die Zusammenstellung in Index A will dem Gedacbtnis
des Lesers zu Hilfe kommen und ibn in den Stand setzen,
die zablreicben Varianten der Lebensquellsage und die ibnen
zugruude liegenden Motive bequem zu liberscbauen und s€ nicbt
nur in ibrem gegenseitigen Verbaltnis, sondern aucb in ibrem
allmablicben Wacbstum zu beobacbten. Index B ist wesentlicb
(jedocb nicbt ausscblieBlicb)NamenYerzeicbnis, dalndexAseinem
Inbalte nacb als Sacbregister dienen kann. Riicksicbten auf
Raumersparnis lieBen eine Bescbrankung auf bare Seitenzablen
notwendig erscbeinen. Nur bei ^Cbadbir" und „Dul-qarnein",
bei denen bloBe Zablenangaben voUkommen zwecklos waren, ist
eine genauere Spezifikation gegeben. Icb bojffe, daB sie den Titel-
belden des Bucbes einigermaBen gerecbt wird.
Einige Partien des vorliegenden Werkes sind bereits friiber
im Druck erscbienen. S. 1 — 67 und S. 107 — 123 sind urspriing-
lich ini dreizehnten Bande des „Arcliivs fiir Religionswissenschaft"
(Jahrgangl910)unter demTitel„ Alexanders Zugnach demLebens-
quell und die Chadhirlegende" veroffentlicht worden. Das weitlau-
fige Kapitel iiber „Die muhammedanische Tradition" (S.67 — 107)
ersclieint hier zum ersten Male. Der zweite Teil dieser Arbeit
(S. 123 — 250) ist samt und senders neu. Von den Appendices
ist der erste, „Zur Geschichte der Cbadbivlegende" betitelt
(S.250 — 276), eine teilweise Reproduktion meines kurzen Artikels
mit gleicher Uberschrift, der ebenfalls im dreizehnten Bande des
Archivs fiir Religionswissenschaft zum Abdruck gelangte. Es
schien dem Verfasser ratsam, diese Arbeit, die das gesamte
Chadhirproblem in seinen Grundlinien skizziert, der vorliegenden
Abhandlung, die sich auf eine eiuzige Phase des Problems be-
schrankt, anhangsweise folgen zu lassen, obwohl sich hierbei
die Notwendigkeit ergab, auf den ersten paar Seiten manches,
was durch die ausfiihrliche Behandluug in diesem Buche iiber-
fiiissig geworden war, kurz zu wiederholen. Ich darf vielleicht
hinzufiigen, daB der Artikel nicht nur vollig umgearbeitet, son-
dern auch um ein Bedeutendes vermehrt worden ist. Der zweite
Appendix „Pu’l-qarnein und Alexander der GroBe" (S. 276 — 301)
ist vollstandig neu und stellt zum ersten Male die in der muham-
medanischen Literatur zirkulierenden Vermutungen iiber Identitat
und Lebenszeit Alexanders systematisch zusammen. Appendix F
(S. 30o — 306) ist ebenfalls neu, wiihrend Appendices C, D und E
(S. 301 — 305) urspriinglich in dem bereits erwahnten Aufsatz
„Alexanders Zug nach dem Lebensquell und die Chadhirlegende"
als FuBnoten figurierten. Die Textbeilagen erscheinen hier selbst-
verstandlich zum ersten Male^ und im ganzen iibersteigen
die gedruckten Telle die ungedruckten um mehr als das
Dreifache. Ich brauche kaum ausdriicklich hervorzuheben, daB
auch die bereits gedruckten Partien einer griindlichen Revision
unterzogen worden sind.
Die Erforschung des Verhaltnisses zwischen der Chadhir-
legende und dem Alexanderroman tragt nicht nur dazu bei,
Licht ins dunkle Chadhirproblem zu bringen, sondern ist zu-
gleich weit dariiber hinaus geeignet, das Verbaltnis zwischen
Dichtung und Wahrbeit im Geistesleben der Volker zu illustrieren.
Wenn das Dicbterwort: „Was sicb nie und ninimer bat begeben,
das allein veraltet nie" auf Wabrbeit berubt, dann diirfte es kaum
eine glanzendere Bestatigung desselben geben als das Verbaltnis
der Cbadbirlegende zuni Alexanderroman in der Vorstellungs-
welt des Islams. Die titanenbafte Gestalt des mazedoniscben
Welteroberes, dessen Taten mit unverloscblicben Spuren in die
Gescbicbte der Menscbbeit eingebrannt sind, bat sicb voU-
standig in Mytbendunst aufgelost. Sein sagenbafter Vezir
al-Cbadbir, der ein reines Pbantasiegebilde ist und der seinen
Nam en und seinen Cbarakter einer gedanklicbeu Kombination
verdankt, bat sicb zu einer Personlicbkeit verdicbtet, die ins
voile Menscbenleben eingreift und die Millionen und Aber-
millionen von Menscben als Heifer und Troster, als Lehrer und
Ratgeber in alien Noten des Daseins erscbeint.
Bevor icb diese Arbeit, die micb mit vielen Unterbrecbungen
ein voiles Jabrzebnt bescbaftigt bat, in die Offentlicbkeit zieben
lasse, ist es mir ein Bediirfnis, den Institutionen und Personen,
die micb bei meiner Aufgabe unterstiitzt baben, meinen Tribut
der Dankbarkeit zu zollen.
Icb betracbte es als eine besonders giinstige Fiigung, da6
es mir im Laufe der Entstebung dieses Bucbes vergonnt war,
mebrere Sommer am British Museum zu arbeiten. Icb boffe,
da6 diese Abbandlung, die in ibren Hauptteilen in dieser klassi-
scben Werkstatte der Wissenscbaft entstanden ist, die Spuren
ihres Entstehungsortes nicht ganz und gar verleugnet. Mit
Ausnahm’e der Berliner Handschrift des Ikmal ad-dln von Ibn
Babuje, die mir in zuvorkommendster Weise nach London ge-
schickt wurde, stammen alle in dieser Abhandlung benutzten
Handschriften aus dem British Museum. Ich empfinde es als
besonderes Bediirfnis, dem Vorsteher und den Beamten des
Oriental Department fiir ihre auBerordentlicbe Liebenswiirdigkeit
und unermiidliche Hilfsbereitschaft, die mir meine Aufgabe
wesentlicb erleichtert haben, meinen tiefgefiiblten Dank auszu-
sprechen.
Zu Danke bin ich ebenfalls Herrn Professor Dr. Richard
Wiinsch, dem Herausgeber des „Archivs fiir Religionswissen-
schaft", verpflichtet, der mir nicht nur die Pforten seiner Zeit-
schrift weit geoffnet, sondern auch durch seine freundliche Ver-
mittelung das Erscheinen dieses Buches in der vorliegenden
Form ermoglicht hat.
Meinen innigsten Dank aber schulde ich dem Manne, dessen
Namen ich rait seiner giitigen Erlaubnis an die Spitze dieses
Werkes setzen durfte. Herr Professor Theodor Noldeke hat
mit der ihm eigenen Liebenswiirdigkeit und Hilfsbereitschaft
die Korrektur dieses Werkes gelesen und dasselbe nicht nur
von allerlei Irrtiimern und stilistischen Unebenheiten befreit,
sondern es zugleich durch eine Anzahl wertvoUer Bemerkungen,
die in den Nachtragen zusammengestellt sind, bereichert. Ohne
seine bessernde Hand und sein bestatigendes Urteil hatte ich
kaum den Mut gefunden, dieses Buch, welches der wissenschaft-
lichen Hypothese einen so breiten Raum gewahrt und Grebiete
behandelt, auf denen ich mich zum Teil nur mit Miihe zurecht-
finden kann, in die Welt hinauszusenden. Doch viel mehr
als fiir dieseu einmaligen Liebesdienst bin ich Herrn Professor
Noldeke fiir seine wohlwollende und freundschaftliche Gesinnung
dankbar, die er mir auch von weiter Feme her fortgesetzt be-
zeugt, und die hauptsachlich dazu beigetragen hat, mich, trotz
veranderter Lebensverhaltnisse und Berufspflichten, an meinem ursprunglichen Studiengebiet festzubalteu. Die ersten Ideen zu
diesem Buche kamen mir vor nunmehr zebn Jahren, als ich
mit Hilfe iind auf Anregung von Professor Noldeke mit der
Vorbereitung meiner Habilitationsscbrift beschaftigt war. Und
wenn ich es jetzt wage, dem Bucbe, welches der AusfluB
jener Ideen ist, den Namen Noldekes vorzusetzen, so denke ich
hierbei weder an den Verfasser der epochemachenden „Beitrage
zur Geschichte des Alexanderromans"noch an den unerreichbaren
Meister der semitiscben Wissenschaft, sondern an meinen lieben
alten Lebrer, dessen Anregung und Ermunterung diese Arbeit
nicbt nur ibre Entstehung, sondern auch ibre VoUendung
verdankt.
New York, den 21. Marz 1912.
I. F.
Table des matières
Vorrede V
Literatur XVUI
A. Der Ursprung der Chadhirlegende 1
1. Pseudokallisthenes 2
2. Der babylonische Talmud 42
3. Die syrische Homilie 50
4. Der Koran 61
5. Die muhammedanische Tradition 67
6. Chadhir als Seedilmon 107
B. Die muhammedanischen Chadhirvereionen 128
1. Ibn Babuje 126
2. ’Omixra 129
3. Ta’labi 162
4. Die Moriacoveraion 173
5. Suri 179
6. ibn Hischam 191
7. Firdausi 204
8. Nizami 209
9. Die atbiopische Alexanderversion 217
10. Einzelnes iiber Chadhir und Alexander 230
11. Ergebnisse 241
Appendices 250
Appendix A. Zur Geschichte der Chadhirlegende .... 250
Appendix B. Du’l-qarnein und Alexander der GroBe . . . 276
Appendix C. Die Verwandlung des Seedamons 301
Appendix D. Magma’^al-bahrein 302
Appendix E. Chadhir an einem See ; • 305
Appendix F. Chadhir- Matun . . . . / 305
Textbeilagen 307
Nachtrage (von Professor Noldeke) 323
Indices •> 326